Unionsparteien, Sozialdemokratie und Vereinigte Staaten von Amerika 1945–1966
Neben den Vereinigten Staaten von Amerika als wichtigster Besatzungsmacht bzw. als Führungsmacht des westlichen Bündnisses waren es die westdeutschen Parteien – vornehmlich die Unionsparteien und die SPD – nach deren Konzeptionen die politische, wirtschaftliche und soziale Struktur der Bundesrepublik Deutschland geformt wurde. Dabei befanden sich CDU und CSU in zentralen Bereichen mit Vorstellungen Washingtons in Einklang, während die SPD Alternativkonzeptionen verfocht. Die enge Bindung an Amerika war von großer Bedeutung für die Regierungsfähigkeit im Bund und erwies sich für die CDU/CSU bis Ende der fünfziger Jahre als Quell innenpolitischer Stärke. Umgekehrt trug die Gefährdung des außen- und sicherheitspolitischen Konsenses mit den USA zur Krise der Unionsparteien in den sechziger Jahren bei, während die SPD ihre Regierungsfähigkeit u. a. durch Annäherung an die USA steigern konnte und 1966 erstmalig in eine Bundesregierung eintrat. Die Untersuchung fußt auf reichhaltigem gedruckten und ungedruckten Quellenmaterial, darunter die hier erstmals zusammenhängend ausgewerteten vertraulichen Pressegespräche Adenauers und Erhards sowie Archivalien der CDU und der SPD. Der erste von zwei Hauptteilen befaßt sich mit den Grundlagen der deutsch-amerikanischen Nachkriegsbeziehungen, der zweite mit deren Ausgestaltung vor dem Hintergrund der Rivalität zwischen Regierung und Opposition in der Bundesrepublik. Entsprechend den besonderen Verhältnissen der Besatzungszeit steht bis 1949 die amerikanische Perspektive stärker im Vordergrund, während später die Politik Washingtons überwiegend aus dem Bonner Blickwinkel gesehen wird. Da die Unionsparteien in den sechziger Jahren vorübergehend in einen atlantischen und einen gaullistischen Flügel zerfielen, kommen zwangsläufig neben den deutsch-amerikanischen auch die deutsch-französischen Beziehungen zur Sprache. Auf Seiten der SPD wird dem langfristigen innerparteilichen Wandel Beachtung geschenkt, der die Bemühungen um ein neues Verhältnis zu den USA begünstigte. In den ersten vier Kapiteln untersucht der Autor die Determinanten des Verhältnisses von Unionsparteien und Sozialdemokratie zu den USA sowie den amerikanischen Einfluß auf Schlüsselentscheidungen der Nachkriegszeit im wirtschaftlichen und staatlichen Bereich. Die Kapitel fünf bis neun behandeln die Rezeption der amerikanischen Außen- und Sicherheitspolitik durch Bundesregierung, Unionsparteien und sozialdemokratische Opposition. Erörtert werden u. a. die zweite Berlin-Krise, die Änderungen in der nuklearen Konzeption der NATO, die Auswirkungen der amerikanischen und der französischen Europapolitik und die unterschiedlichen entspannungspolitischen Strategien in der Phase abnehmender Ost-West Gegensätze nach der Kuba-Krise.