Liberalismus und Demokratie in Württemberg zwischen Revolution und Reichsgründung
Der Verfasser analysiert in seinem Werk die politische und sozioökonomische Entwicklung des oppositionellen Bürgertums in Württemberg zwischen der Revolution von 1848/49 und der Reichsgründung 1871 als Beitrag zur Beantwortung einer der entscheidenden Fragen in der neueren deutschen Geschichte, ob der deutsche Nationalstaat entwicklungsfähig oder von vornherein eine Totgeburt war.
Im Jahre 1848/49 trennte der Streit um die künftige Staatsform, ob Republik oder konstitutionelle Monarchie, das Bürgertum. Für die Liberalen war der Begriff »Republik« wegen ihrer Befürchtungen vor dem politisch-sozialen Reformwillen der Demokraten und des Proletariats ein Syndrom der Angst; die bürgerlichen Demokraten hofften dagegen, durch Einführung der republikanischen Staatsform die politische Revolution in eine soziale Evolution transformieren zu können. Im Reichsgründungsjahrzehnt verschob sich dann diese Frontstellung innerhalb des württembergischen Bürgertums völlig. Demokraten und Liberale standen sich nun in einem System nationalpolitischer Allianzen aus heterogenen innenpolitischen Kräften gegenüber. Diese extreme Polarisation blieb auch nach der Reichsgründung weiter bestehen. Prinzipienstarre Negation und prinzipienlose Bejahung lähmten die beiden bürgerlichen Parteien und vernichteten ihr demokratisch-bürgerliches Potential in einer Zeit, als sich die obrigkeitsstaatlich-autoritären Strukturen des neuen Kaiserreichs verfestigten.