Die Sozialistische Reichspartei (SRP). Aufstieg und Scheitern einer rechtsextremen Partei
»1. Die Sozialistische Reichspartei ist verfassungswidrig. 2. Die Sozialistische Reichspartei wird aufgelöst. 3. Es ist verboten, Ersatzorganisationen für die Sozialistische Reichspartei zu schaffen oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzusetzen.«
Mit dieser Entscheidungsformel des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 1952 wurde erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eine Partei nach Art. 21 Abs. 2 GG verboten.
Das Gericht sah in der Sozialistischen Reichspartei (SRP) eine Nachfolgeorganisation der NSDAP. Der kometenhafte Aufstieg der nach Aufhebung des alliierten Lizenzzwanges für politische Parteien gegründeten SRP fand durch das Urteil ein abruptes Ende. Durch ihre Propaganda, die in weiten Teilen auf nationalsozialistischen Parolen aufbaute, und zwei Wahlerfolge auf Landesebene versetzte die rechtsextreme SRP die noch junge Bundesrepublik in erhebliche Turbulenzen. Der Zulauf zu einer Partei, die sich demonstrativ zur Nachlaßverwalterin der NSDAP stilisierte, weckte im In- und Ausland Erinnerungen an die Krisenjahre der Weimarer Republik.
Henning Hansen zeichnet die Entwicklung der SRP detailliert nach von ihrer Gründung bis zu ihrem Verbot. Er stützt sich dabei sowohl auf die beschlagnahmten Aktenbestände der SRP als auch die Akten des Bundesministeriums der Justiz und des Bundesministeriums des Innern. Große Bedeutung für zentrale Bereiche der Arbeit besitzen zudem die Quellenmaterialien aus britischen und amerikanischen Archiven, die Einblick in das Innenleben der Partei gewähren. Materialien der Stasi werfen neues Licht auf die Ostkontakte der SRP, die einen Wehrbeitrag der Bundesrepublik zum westlichen Bündnis kategorisch ablehnte.
Neben den Strukturmerkmalen der Partei, wie den Führungskadern, der Mitglieder- und Wahlstärke sowie der rabiaten Propaganda, beschäftigt sich der Band insbesondere mit dem Verhalten der alliierten Besatzungsmächte und der demokratischen Parteien gegenüber der SRP. Durch die Auswertung neuer Archivmaterialien, vor allem aus alliierten Beständen, entsteht das Bild einer Partei, die mit ihrem radikalen Oppositionskurs besonders in Niedersachsen reüssierte. Mit recht einfachen Mitteln vermochte die SRP dem demokratischen Neuaufbau in Westdeutschland einige Narben zuzufügen. Die Geschichte der Partei markiert jene Sollbruchstellen der deutschen Nachkriegsgesellschaft, die der Nationalsozialismus hinterlassen hatte. Sie läßt aber auch die Toleranzgrenze des Grundgesetzes erkennen: Mit dem Verbotsurteil definierte das Bundesverfassungsgericht die Grenze am rechten Rand des Parteiensystems.