Wahlkämpfe in Württemberg. Landtags- und Reichstagswahlen beim Übergang zum politischen Massenmarkt (1889–1912)
In den beiden Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg erfuhr die deutsche Gesellschaft durch den Durchbruch des modernen Industriestaates grundlegende Veränderungen. Aber auch die Grundlagen der Politik änderten sich durchgreifend: Politische Auseinandersetzungen wurden immer mehr von den Bedingungen des politischen Massenmarkts geprägt. Politische Wahlkämpfe sind der zentrale Schauplatz, auf dem sich dieser Wandel vollzog. Andreas Gawatz analysiert alle relevanten Ebenen des Wahlgeschehens. Er entwirft ein anschauliches Bild von Wahlen und Wahlkämpfen als Ausdruck und Motor dieser Umbruchperiode. Neben den institutionellen, organisatorischen und sozialen Dimensionen des Wählens werden insbesondere der Inhalts- und Formaspekt der Wahlkämpfe beachtet. Bisher in der Forschung vernachlässigte Aspekte – etwa das spannungsreiche Nebeneinander von Reichs- und Landespolitik, die kulturellen Deutungsmuster der Parteien und die Entwicklung des Konfliktverhaltens in der politischen Auseinandersetzung finden besondere Beachtung. Die Befunde erlauben Aufschlüsse über Modernität und Modernisierungsfähigkeit nicht nur des Einzelstaates Württemberg, sondern des wilhelminischen Deutschlands insgesamt.