Staat und NSDAP 1930–1932
Die Edition faßt unveröffentlichte Aktenstücke aus den Archiven der Bundesrepublik Deutschland und der DDR zusammen, die das Verhältnis der Regierungen des Reiches und der Länder zur NSDAP während der Reichskanzlerschaft Heinrich Brünings betreffen. Die Einleitung führt in die Geschichte der Staatsschutzproblematik seit Beginn der Weimarer Republik und in die Komplizierung der relevanten politischen Fragen während der Brüning-Zeit ein, um im größeren historischen Zusammenhang Hilfen zur Beurteilung und Beratung der abgedruckten Aktenstücke und zur Abwägung der sichtbar werdenden Beschlüsse zu geben.
Extremistische Gruppierungen und Strömungen, die sich gegen den republikanischen Verfassungsstaat wandten und die hier wie die andernorts auch, dem herrschenden Gemeinverständnis entsprechend, als politischer Radikalismus begrifflich zusammengefaßt werden, traten während der gesamten Periode nach dem Ersten Weltkrieg hervor. Beachtung verdienen Fluktuationen zwischen den Richtungen und ihre wechselvollen Entwicklungen. Die vorgelegte Aktensammlung ist thematisch auf die am Ende erfolgreichste dieser Richtung beschränkt, die NSDAP mitsamt ihren Unterorganisationen, in der entscheidenden Periode ihres Aufschwungs, schon auf der Vorstufe zur Machtergreifung des Jahres 1933.
In den einzelnen Entwicklungsphasen der sich seit 1929 rasch ausweitenden nationalsozialistischen Bewegung – vor allem seit ihrem großen Wahlerfolg 1930 – wandelten sich zwangsläufig auch Bedeutung und Rangordnung der politischen Problematik, die diese Bewegung darstellte. Die von Anbeginn durch verfassungsrechtliche Gesichtspunkte stark beeinflußte Erörterung von Maßnahmen gegen Beamte und Staatsangestellte, die der NSDAP angehörten oder sie förderten, war erschwert, seitdem es in parlamentarischen Koalitionsregierungen nationalsozialistische Minister gab, die wiederholt eine strikt gesetzestreue Betätigung der NSDAP bis zur Übernahme der gesamten Staatsgewalt, im Einklang mit Hitler, bei prinzipieller Gegnerschaft gegen das politisch-gesellschaftliche System beteuerten. Die spätestens in der Phase des starken Wachstums fällig gewordenen Entscheidungen der Regierungen von reich und Ländern über ihre Politik gegenüber dieser Partei blieben hinter der Entwicklung zurück, da sie niemals und nirgends einheitlich angebahnt und verbreitet wurden. Die verschiedenen, teilweise wechselnden Gründe ergeben sich aus den vorgelegten Dokumenten. Eine annähernd vollständige Kontinuität in der Beurteilung des Nationalsozialismus durch verschiedene Instanzen der inneren Verwaltung bezeugen die methodisch unterschiedlich angelegten Denkschriften über Charakter und Ziele der NSDAP.