Parlamentspraxis in der Weimarer Republik. Die Tagungsberichte der Vereinigung der deutschen Parlamentsdirektoren 1925 bis 1933
Dieser Band enthält fünf Berichte über die Tagungen der Vereinigung der deutschen Parlamentsdirektoren 1925 bis 1929 und eine Niederschrift über die Besprechung der Parlamentsdirektoren der süddeutschen Länder im November 1933. Die leitenden Verwaltungsbeamten des Reichstags, der Länderparlamente, der Bürgerschaften der Hansestädte, des Volkstags Danzig, des Österreichischen Nationalrats und des Landtags von Niederösterreich beteiligten sich an den Debatten der Vereinigung. Die Rechtsstellung der Abgeordneten, Befugnisse und Aufgaben des Parlamentspräsidenten, die Organisation der Ausschußarbeit, Fragen des Petitions- und Immunitätsrechts, Modalitäten der Abstimmung, die Zusammenarbeit von Regierung und Parlament, die Zulässigkeit eines Mißtrauensantrags gegen den Parlamentspräsidenten, diese Fragen und eine Vielzahl vordergründig rein technischer Probleme stehen im Mittelpunkt der Diskussion.
Für das Verhältnis von Parlamentsnorm und Parlamentsbrauch bieten diese erstmalig veröffentlichten Berichte eine wichtige neue Quelle, zumal die Bestände der Parlamentsarchive starke Verluste erlitten und die Geschäftsordnungen nur schwer greifbar sind. Ein »Schriftenverzeichnis zur Entwicklung der Verfassung und Geschäftsordnung 1918-1933« dokumentiert die Veränderungen des kodifizierten Parlamentsrechts. Die Tagungsberichte rücken nicht zuletzt die Parlamentsverwaltung ins Licht, die in der Regel dem parteipolitischen Proporz entzogen war und erst nach dem Einzug nationalsozialistischer Mehrheiten in den Sog offener Politisierung geriet. Der »Bureau-Direktor«, der den Parlamentsbetrieb aus langjähriger Erfahrung kannte, nahm als Ratgeber des Präsidenten mittelbaren und unmittelbaren Einfluß auf die Parlamentsarbeit. In mannigfachen Schattierungen spiegeln die Berichte das Parlamentsleben in der Weimarer Republik. Sie liefern zugleich den Hintergrund für die heutige parlamentarische Praxis, die vielfach nur aus der historischen Entwicklung zu erklären ist.