Kartell- und Monopolpolitik im kaiserlichen Deutschland. Das Problem der Marktmacht im deutschen Reichstag zwischen 1879 und 1914

Nach der bisherigen Literatur herrschte vor 1914 in der deutschen Wirtschaft völlige Freiheit zur Bildung und Ausübung privater Marktmacht in Form von Kartellen und Konzernen. Danach enthielt sich der Staat jeder Intervention, und das »berühmte« Reichsgerichtsurteil von 1897 gewährte Kartellfreiheit. Demgegenüber weist der Verfasser nach, daß sich bereits vor 1914 die Legislative, und zwar der Reichstag, mit dem Mißbrauch der Marktmacht beschäftigt. Die Auswertung der Verhandlungen dieses Gremiums durch eine Aufhellung der ökonomischen Hintergründe seiner Resolutionen zu dieser Frage und durch ihre Gegenüberstellung mit den Erkenntnissen und Empfehlungen der zeitgenössischen Nationalökonomie und Rechtswissenschaft lehrt, daß der Reichstag auf diesem Gebiet wirtschaftspolitisches Neuland betrat, in dem er auf wissenschaftliche Anleitung kaum hoffen durfte.

Trotz dieser Schwierigkeit und angesichts unterschiedlicher Auffassungen in den einzelnen Parteien, die eingehend erörtert werden, zeichnete sich dennoch zwischen 1879 und 1914 in der Forderung der Mehrheit ein eindeutiger Trend von der »fallweisen« Regelung des Mißbrauchs zu einer generellen staatlichen Kontrolle der Marktmacht ab. Vermochte indessen der Reichstag die Reichsregierung zu wirtschaftspolitischem Handeln zu zwingen? Zu dieser entscheidenden Frage erschließt der Verfasser archivalische Quellen, aus denen hervorgeht, wie die Resolutionen des Reichstags gegen den massiven Widerstand der Interessenten und ihrer Lobby schließlich doch zum Erfolg führen: Im »Kartellreferat« des Reichsamtes des Innern begannen die Arbeiten zum Aufbau eines »amtlichen« Kartellregisters.

Von
Reihe
Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus u. der politischen Parteien, Bd. 50
Erscheinungsjahr
Sprache
Deutsch
Seiten
329
Format
Leinen mit Schutzumschlag
Preis
36,80 €
ISBN-10
3-7700-5075-4