Erinnerungen und Dokumente von Joh. Victor Bredt 1914 bis 1933

Nach den Erinnerungsbüchern von Eugen Schiffer und Gustav Radbruch kann nun aus dem Nachlass von Joh. Victor Bredt (1879–1940) die Autobiographie des letzten Parlamentariers an der Spitze des Reichsministeriums der Justiz der Weimarer Republik veröffentlicht werden.

Seit 1911 wirkte Bredt als Professor für Staats-, Verwaltungs- und Kirchenrecht in Marburg. Die Mitarbeit im Parlamentarischen Untersuchungsausschuß über die Ursachen des deutschen Zusammenbruches 1918 und sein Gutachten über den Deutschen Reichstag im Weltkrieg (1926), das bis heute zu den scharfsinnigsten Analysen der Innenpolitik im Ersten Weltkrieg zählt, machten den ehemaligen freikonservativen preußischen Landtagsabgeordneten (1911 bis 1918) und den Reichstagsabgeordneten der Wirtschaftspartei (1924–1932) über den engeren Kreis der Wissenschaft und der Parteipolitik hinaus bekannt.

Nach dem Bruch der Großen Koalition übernahm Bredt im Kabinett Brüning von März bis Dezember 1930 das Reichsministerium der Justiz. Die nun edierten Erinnerungen und Dokumente, durch ein ausführliches Schriftenverzeichnis ergänzt, geben nicht nur Zeugnis für ein bewegtes politisches und wissenschaftliches Leben, sondern zugleich für jenes mittlere Bürgertum, das die Republik nicht gewollt oder nur halbherzig unterstützt hat. Die Edition erhellt vor allem die Entstehung und die politische Aktivität der Wirtschaftspartei (Reichspartei des deutschen Mittelstandes), einer heterogenen Splittergruppe, die als »Zünglein an der Waage« in der Endphase der Republik über das Schicksal der Regierung Brüning entschied. Bei den Wahlen des Jahres 1932 brach diese bürgerliche »Klassenpartei« zusammen, deren Opportunismus mit dazu beigetragen hatte, das »System« zu diskreditieren. Unter dem Druck der Wirtschaftskrise erlag der deutsche Mittelstand dem Sog des Nationalsozialismus.