Die politischen Wahlen in den Eifel- und Moselkreisen des Regierungsbezirks Trier 1849–1867
Der historischen Wahlsoziologie ist in Deutschland trotz mancher Anregungen bisher nur vereinzelt Aufmerksamkeit gewidmet worden. Vor allem in Frankreich und Belgien zuerst gepflegt und methodisch begründet, ist sie zu einem wichtigen Teilgebiet der neueren Geschichtsforschung geworden. Sie untersucht den Einfluß der erkennbaren vier Motivfaktoren Konfession, Staat, Parteien und Landschaft auf die politische Willensbildung der Schichten des Sozialgefüges in einem soziologisch überschaubaren geographisch kleinen Raum.
Die vorliegende Untersuchung H. J. Schierbaums über die Wahlen zum Preußischen Abgeordnetenhaus in den Eifel- und Moselkreisen des Regierungsbezirks Trier von 1849 bis 1867 greift diese Fragestellung in einem weitgespannten Rahmen auf. Das Ergebnis zeigt, daß in diesem fast ausschließlich katholischen Gebiet in der Zeit zwischen der Revolution von 1848 und der Reichsgründung überwiegend demokratisch und liberal gewählt wurde. Die Untersuchung deckt unter anderem auch einen Zusammenhang zwischen dem hier extrem revolutionären Geschehen während der Revolutionsjahre und der späteren politischen Apathie auf, die erst bei den Wahlen zum Konstituierenden Reichstag des Norddeutschen Bundes im Jahre 1867 wieder überwunden wurde. Als beispielhafte wissenschaftliche Untersuchung ist Schierbaums Arbeit nicht für das behandelte Gebiet, sondern allgemein für die Erkenntnis des Werdens politischer Gruppierungen und der inneren Zusammenhänge zwischen Sozialstruktur, emotionalen Bindungen, Traditionsbewußtsein und politischer Willensbildung von außerordentlichem Wert.