Die Abgeordneten der ersten Landtage (1946–1951) und der Nationalsozialismus
Wer in Deutschland nach 1945 Demokratie errichten wollte, kam um eine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus nicht herum. Wer seine Wiederholung verhindern, aus den Erfahrungen lernen wollte, mußte das Phänomen erklären und begreifen. Die Auseinandersetzung mit dem NS und der Gesellschaft, die ihn hervorgebracht hatte, bot die Chance, sich über die gesellschaftlichen Voraussetzungen für Demokratie in Deutschland klar zu werden.
Ob diese Chance genutzt worden ist, untersucht Rudolf Billerbeck am Beispiel der Abgeordneten der ersten nah 1945 frei gewählten Landtage von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen und Bayern. Er analysiert, wie sie über den NS urteilten, welche gesellschaftlichen Gruppen sie als seine Träger oder Gegner sahen und wie sie sich selbst im Zusammenhang mit Sozialisierung, Entnazifizierung und Wiedergutmachung zu diesen Gruppen stellten. Besonderheiten einzelner Landtage werden dabei ebenso berücksichtigt wie der umfassende wirtschaftliche und politische Rahmen, den die Besatzungsmächte vorgaben. Die Untersuchung zeigt auf, wieso die verschiedenen Parlamentariergruppen weder untereinander noch in sich zu einheitlichen Auffassungen über den NS gelangen und eine geschlossene Front gegen Nationalsozialisten nicht zustande kommt.